Anhang A 5.6 Kontakt mit speziellen Interessensgruppen
(nach ISO/IEC 27001:2022 und ISO/IEC 27002:2022)
Organisationen stehen im Kontext der Informationssicherheit häufig im Austausch mit speziellen Interessensgruppen, die über relevantes Fachwissen, branchenspezifische Informationen oder aktuelle Bedrohungsinformationen verfügen. Dazu zählen unter anderem Branchenverbände, Fachgremien, CERTs, Informationssicherheitsnetzwerke oder andere Organisationen mit vergleichbaren Sicherheitsanforderungen. Dieses Control stellt sicher, dass der Kontakt zu solchen Interessensgruppen strukturiert erfolgt und gezielt genutzt wird, um das Informationssicherheitsniveau der Organisation zu stärken.
Zweck des Controls
A 5.6 soll gewährleisten, dass Organisationen geeignete Interessensgruppen identifizieren und einen geregelten Austausch mit diesen etablieren. Ziel ist es, relevante Informationen zu Bedrohungen, Schwachstellen, Best Practices, regulatorischen Entwicklungen oder technischen Neuerungen frühzeitig zu erhalten und in das Informationssicherheitsmanagement einzubeziehen. Dadurch wird die Fähigkeit der Organisation verbessert, Risiken zu erkennen, zu bewerten und angemessen zu behandeln.
Anforderungen und Maßnahmen
1. Identifikation relevanter Interessensgruppen
Organisationen müssen geeignete interne und externe Interessensgruppen identifizieren, mit denen ein Austausch im Bereich Informationssicherheit sinnvoll ist, zum Beispiel:
Branchen- und Fachverbände
Informationssicherheitsnetzwerke und Arbeitskreise
Computer Emergency Response Teams (CERTs)
Hersteller- und Technologiecommunities
Normungs- und Fachgremien
Austauschplattformen mit vergleichbaren Organisationen
Die Auswahl der Interessensgruppen muss risikoorientiert und nachvollziehbar erfolgen.
2. Festlegung von Zielen und Nutzen des Austauschs
Für den Kontakt mit Interessensgruppen müssen klare Ziele definiert werden, insbesondere:
Gewinnung von Informationen zu aktuellen Bedrohungen und Schwachstellen
Austausch zu Best Practices und bewährten Sicherheitsmaßnahmen
Frühzeitige Information über regulatorische oder normative Änderungen
Unterstützung bei der Weiterentwicklung des ISMS
Stärkung der eigenen Sicherheitskompetenz
So wird sichergestellt, dass der Austausch einen konkreten Mehrwert bietet.
3. Benennung von Ansprechpartnern und Verantwortlichkeiten
Organisationen müssen festlegen, wer für den Kontakt mit Interessensgruppen verantwortlich ist:
Benennung geeigneter Rollen oder Funktionen
Definition von Vertretungsregelungen
Abgrenzung der Zuständigkeiten zu anderen Kommunikationswegen (z. B. Behördenkontakt)
Sicherstellung, dass Ansprechpartner über ausreichende Fachkenntnisse verfügen
Dies gewährleistet eine koordinierte und konsistente Kommunikation.
4. Regelung des Informationsaustauschs
Der Austausch von Informationen mit Interessensgruppen muss kontrolliert erfolgen:
Festlegung, welche Informationen geteilt werden dürfen
Schutz vertraulicher oder sensibler Informationen
Einhaltung vertraglicher, gesetzlicher und regulatorischer Vorgaben
Nutzung geeigneter und sicherer Kommunikationskanäle
So wird verhindert, dass durch den Austausch neue Risiken entstehen.
5. Integration gewonnener Informationen in das ISMS
Relevante Informationen aus dem Austausch müssen systematisch genutzt werden:
Bewertung der Relevanz für die eigene Organisation
Einbindung in Risikoanalysen und Risikobehandlungen
Anpassung von Sicherheitsmaßnahmen, Richtlinien oder Prozessen
Berücksichtigung in Schulungs- und Awareness-Maßnahmen
Dies stellt sicher, dass der Austausch praktische Auswirkungen auf die Informationssicherheit hat.
6. Dokumentation und Nachvollziehbarkeit
Der Kontakt mit Interessensgruppen muss dokumentiert werden:
Dokumentation der beteiligten Gruppen und Ansprechpartner
Nachweise über relevante Informationen und Erkenntnisse
Dokumentation von Entscheidungen und abgeleiteten Maßnahmen
Archivierung gemäß interner Vorgaben
Die Dokumentation dient als Nachweis und Grundlage für kontinuierliche Verbesserung.
7. Regelmäßige Überprüfung und Weiterentwicklung
Der Austausch mit Interessensgruppen muss regelmäßig bewertet werden:
Überprüfung des Nutzens und der Aktualität der Kontakte
Anpassung der beteiligten Gruppen bei veränderten Risiken
Berücksichtigung neuer relevanter Netzwerke oder Gremien
Integration von Lessons Learned in das ISMS
So bleibt der Austausch dauerhaft wirksam und relevant.
8. Sensibilisierung relevanter Mitarbeitender
Mitarbeitende mit Kontakt zu Interessensgruppen müssen sensibilisiert werden:
Schulung zum sicheren Informationsaustausch
Klarstellung von Rollen, Befugnissen und Grenzen
Sensibilisierung für Vertraulichkeit und Informationsklassifizierung
Einbindung in bestehende Sicherheits- und Compliance-Prozesse
Dies unterstützt einen sicheren und kontrollierten Austausch.
Zusammenfassung
A 5.6 fordert, dass Organisationen einen strukturierten und zielgerichteten Kontakt mit speziellen Interessensgruppen im Bereich Informationssicherheit etablieren. Durch die Identifikation relevanter Gruppen, klare Verantwortlichkeiten, geregelten Informationsaustausch und die systematische Nutzung gewonnener Erkenntnisse wird die Fähigkeit der Organisation gestärkt, Risiken frühzeitig zu erkennen und das Informationssicherheitsmanagement kontinuierlich zu verbessern. Dieses Control trägt wesentlich zur Aktualität, Wirksamkeit und Reife des ISMS bei.
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